Photokatalytische Betonsteinpflaster – Ein Beitrag zur Luftreinigung

Verkehrsflächenbefestigungen mit einer Betonpflasterdecke können auf sehr unterschiedliche Weise negative Umweltwirkungen reduzieren. Das betrifft vor allem die Bereiche Lärmminderung, Luftreinhaltung, Luftqualität, Klimaschutz, Stadtklima und Wasserwirtschaft. Nachfolgend steht die Luftreinhaltung durch photokatalytisch aktive Betonsteine im Vordergrund. Im Wesentlichen handelt es sich um einen Auszug aus einem Aufsatz von Düring, Richard, & Ulonska aus 2018.

Wie tragen photokatalytische Betonpflastersteine zur Verbesserung der Luftqualität bei? 

In der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (39. BImSchV) sind verschiedene Luftschadstoffe, unter anderem Feinstaubpartikel (PM10) und Stickstoffdioxid (NO2), mit Grenzwerten belegt. Zu den Quellen von Stickstoffdioxid (NO2) in der Umgebungsluft gehören vor allem Verbrennungsprozesse.

Obwohl aufgrund der Entwicklung der Motorentechnik die NO2-Gesamtemissionen des Kfz-Verkehrs in den letzten 25 Jahren gesenkt werden konnten, gilt der Straßenverkehr weiterhin als wesentlicher Verursacher. Dies führt dazu, dass der Jahresmittelgrenzwert für NO2 von 40 µg/m³ insbesondere in Ballungsräumen bzw. in eng bebauten Straßenschluchten häufig überschritten wird.

Stickstoffdioxid kann durch eine photokatalytische Reaktion mit Titandioxid (TiO2), das dem Beton bei der Herstellung zugegeben werden kann, umgewandelt und damit abgesenkt werden (siehe Grafik).


Fakten zu Titandioxid

  • anorganischer, kristalliner Feststoff
  • hergestellt aus Ilmenit- oder Rutilerz (Titaneisenerz)
  • chemische Formel TiO2
  • lichtbeständig, thermisch und chemisch stabil
  • nicht brennbar, nicht giftig, nicht wasserlöslich
  • wichtigstes Weißpigment
  • Anwendungen, z. B. Farben, Kunststoffe, Papier, Kosmetik, Lebensmitteln, Pharmazeutika, Bauprodukte, Keramik.
  • Erstmals wurde reines TiO2 im Jahr 1821 von H. Rose hergestellt, das zur damaligen Zeit als Weißpigment in Künstlerfarbe diente. Die industrielle Herstellung und Vermarktung beginnt etwa in den 1920er Jahren.
  • Weltweit werden etwa 6 Mio. t TiO2 im Jahr hergestellt. 98 % der Produktion werden zu Farbpigment verarbeitet.
  • Laut einer Presseinformation des Verbandes der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie e.V. vom Juli 2020 haben mehrere Unternehmen der hauptbetroffenen Farbenindustrie sowie mehrere Hersteller des in vielen Industriebranchen als unverzichtbar geltenden Pigments TiO2 Klage beim Europäischen Gericht gegen die Einstufung als „möglicherweise krebserregend beim Einatmen“ erhoben.

 

Quellen: (Koch, et al., 2020) und www.forum-titandioxid.de


 

Unterschiede zwischen dem Minderungspotenzial und der Abbaurate

Bezüglich der Bewertung der Wirksamkeit ist zwischen der Abbaurate und dem Minderungspotenzial auf die NO2-Konzentration zu unterscheiden. Die Abbauraten sind die Minderungen, die sich im Labor (so genannte Reaktorkammern) oder in Freifeld-Prüfkammern (diese werden auf den Straßenbelag aufgesetzt) ergeben. Sie weisen auf das Minderungspotenzial bei direktem Kontakt des Luftpaketes mit den photokatalytischen Baustoffen hin und sind nur auf Konzentrationsänderungen in Bereiche knapp oberhalb des Fahrbahnbelages anwendbar.

Die Minderungspotenziale auf die NO2-Luftkonzentrationen an beurteilungsrelevanten Immissionsorten (1,5 bis 4 Meter über Grund oder an Gebäudefassaden) sind wegen der atmosphärischen Vermischung zwischen reduzierten und nicht reduzierten NO2-Konzentrationen im Allgemeinen deutlich geringer. So zeigen zwar die Abbauraten in Labor- oder Freifeld-Prüfkammern mit 40 % bis 70 % ein sehr hohes Minderungspotenzial, in situ-Messungen und deren Auswertung sowie entsprechende Modellrechnungen zeigen sichaber nur tendenziell Minderungspotenziale von wenigen Prozent. Diese methodischen Unterschiede zwischen Abbaurate und Minderungspotenzial sind auch der Grund, warum die wenigen vorliegenden Studien deutliche Unterschiede dokumentieren. So werden Minderungspotenziale von „nicht nachweisbar“ bis zu 40 % veröffentlicht (Gallus, 2016), (DBU 2010).

Photokatalytische Baustoffe in Form von Pflastersteinen lassen sich auf angrenzenden Flächen an viel befahrenen Straßen einsetzen. So werden die Schadstoffe direkt dort abgebaut, wo sie entstehen. (Quelle: F. C. Nüdling Basaltwerke GmbH + Co. KG)

Beispiele für die Nutzung von photokatalytischen Betonpflastersteinen

Gothaer Platz in Erfurt

Der Gothaer Platz in Erfurt wurde 2007 und 2008 mit photokatalytischen Baustoffen in Form von Betonpflastersteinen komplett neugestaltet. Durch Direkt-Messungen von Stickoxiden (NOx) konnten durch Vergleich mit photokatalytisch inaktiven Flächen Abbaukapazitäten von 20 % bis 35 % gezeigt werden. Die Messstelle befand sich 3 Meter über der Pflasteroberfläche. Es wurde außerdem festgestellt, dass neben dem photokatalytischen Effekt auch Sorptionsprozesse zur Schadstoffminderung beitragen. So zeigen Langzeituntersuchungen, dass auch nach 23-monatiger Nutzung die anfängliche Abbaukapazität für NOx immer noch vorhanden ist (DBU 2010).

Zentraler Omnibusbahnhof in Detmold

Beim Neubau des Zentralen Omnibusbahnhofs in Detmold und der damit verbundenen Umgestaltung des Bahnhofsumfeldes wurden in den Jahren 2012 und 2013 rund 4.500 m² Betonsteinpflaster sowie die in Ortbetonbauweise hergestellten Busfahrstreifen mit photokatalytisch aktiver Oberfläche ausgeführt (Bild unten). Das Ergebnis der Untersuchungen zum Nachweis der Wirksamkeit der photokatalytisch aktiven Baustoffe zeigt, dass in den Wasserproben der photokatalytisch aktiven Flächen eine um etwa 30 % höhere Nitratkonzentration vorliegt als in den Proben der Referenzflächen (Schlötzer, Deis, & Naarmann, 2015).

Der Einsatz der innovativen Werkstoffe führte lediglich zu einer geringen Erhöhung der gesamten Projektkosten von etwa 3,4%. Die Stadt Detmold als Bauherr erhielt für das Projekt den Preis „Innovation schafft Vorsprung“, der durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und den Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e. V. (BME) vergeben wird.

Stickoxid-Minderungspotenzial von Titandioxid als Pilotprogramm

Das Stickoxid-Minderungspotential von Titandioxid wird innerhalb eines Pilotprogramms, welches mehrere Projekte umfasst, unter Realbedingungen an verschiedenen Bauwerken bestimmt. Dieses wurde von der Bundesanstalt für Straßenwesen koordiniert. Dabei wurden bzw. werden Studien an hoch frequentierten Verkehrswegen – insgesamt an drei Standorten – durchgeführt. Die Messungen werden an einer Lärmschutzwand an der Bundesautobahn (BAB) A1 bei Osnabrück, an einem Straßenbelag an der B 433 in Hamburg und in einem Tunnel an der A 113 in Berlin durchgeführt. Abschließende Berichte liegen zurzeit nur zu den beiden erstgenannten Standorten vor (Baum, Lipke, Löffler, Metzger, & Sauer, 2018) und (Wang, Oeser, Steinauer, & Hüben, 2018).

Die Auswertungen zur Studie „BAB A1“ ergaben eine Minderung der Stickoxidbelastung durch photokatalytische aktive Oberflächen von einstelligen Prozentzahlen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Entwicklung der Minderungsraten in Verbindung mit den Bewitterungsuntersuchungen über die Jahre der Messdatenaufnahme hinweg vermuten lassen, dass die auf den Lärmschutzwänden aufgetragene photokatalytische Suspension zum Teil mehrere Monate benötigt, um sich „frei zu brennen“ und die aktiven TiO2-Partikel an die Oberfläche treten zu lassen. Vor diesem Hintergrund werden die in Straßennähe auftretenden, verkehrsbedingten Verunreinigungen auf den photokatalytischen Oberflächen der Lärmschutzwand als kontraproduktiv eingeschätzt. Die Autoren vermuten, dass dieses Phänomen bei einer Verwendung von Betonbauteilen, denen die TiO2-Partikel unmittelbar zugesetzt werden, also photokatalytische Baustoffe, nicht auftreten wird.

Der eingangs erwähnte Aufsatz von Düring, Richard, & Ulonska aus 2018 ist hier erhältlich: https://www.betonstein.org/fileadmin/betonstein-de/media/Service/Downloads/Sonderdruck_SVT_1-2018.pdf.

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